JAHRESKREIS


 


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 DEZEMBER

       Es ist das Blatt Papier vor mir noch leer
       und will doch längstens schon beschrieben sein,
       doch müht sich mein Gehirn auch noch so sehr
       fällt zum Dezember schwerlich mir was ein,
       was sich nicht gleich mit Weihnachten verbindet,
       denn dieser Vorgang ist zu dominant,   
       als dass sich sonst noch dazu etwas findet,
       was diesen Monat macht interessant.


       Fern liegt es mir, Klischees zu strapazieren
       von Frieden, Freude und von Stiller Zeit,
       von Liebe und Besinnlichkeit zu fabulieren -
       solch Anspruch trifft heut kaum die Wirklichkeit.
       Ob Lukas hätte anders sie geschrieben
       die rührende Geschichte von dem Kind,
       hätt er geahnt, wie wenig davon ist geblieben,
       weil wir im Bann des Einkaufstrubels sind?


       Durch Weihnachtsmärkte wälzen sich die Massen
       Bratwurstgeruch und Glühwein bilden ein Gemisch,
       nicht Glöckchen klingen sondern Ladenkassen
       und mancher Weihnachtskitsch geht übern Ladentisch.
       Doch stellt Euch vor, Advent und Weihnachtsfest
       und auch Silvester fänden gar nicht statt
       und der Dezember wär nur trüber Jahresrest,
       dann säß‘ noch immer ich vor einem leeren Blatt.

                  

       Zu guter Letzt ich mich persönlich an Euch wende,
       um freundlich kund zu tun: es ist geschafft,
       die Reise durch das Jahr ist nun zu Ende,
       in der ich bunt gemischt und wechselhaft
       und stets in Versmaß und in Reim geschnürt
       von Januar bis heute, Blatt um Blatt,   
       Euch habe durch den Jahreskreis geführt
       und hoffe, dass es Euch gefallen hat.

 

       Kaum ist das Alte im Begriff zu gehen,      
       beginnt sogleich ein neuer Jahreskreis
       sich wie Fortunas Schicksalsrad zu drehen.
       Doch launisch ist die Göttin, keiner weiß,    
       was sie aus ihrem Füllhorn wird verteilen.
       Darüber aber sorgt Euch heute nicht,
       vielmehr vernehmt den Rat mit diesen Zeilen:   
       geht in das neue Jahr mit Zuversicht!


Bild: Rad der Fortuna - Titelgrafik aus Carmina burana - bearbeitet


 

Darum seid auch ihr bereit!
Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr's nicht meint.
(Matthäus 24:44)

 

Nicht wieder Bethlehem

 

Es blickt mein Gott hinab zur Erde
und spricht mit seufzender Gebärde:
„Wie ist die Not da unten groß,
weil dort die Menschen rücksichtslos
sich gegenseitig drangsalieren
und meine Schöpfung demolieren.
Mit Kümmernis muss ich gewahren,
dass sie in den zweitausend Jahren
wohl haben nichts dazu gelernt
und sich von ihrem Gott entfernt.“

 

„Um all das Übel abzuwenden,
will meinen Sohn erneut ich senden.
Vielleicht mag’s ihm ja jetzt gelingen,
die Menschen zur Vernunft zu bringen.
Jedoch wo könnte denn auf Erden
mein Sohn diesmal geboren werden?
Der menschlichen Begrenztheit wegen
gilt das sehr gut zu überlegen,
sind es doch Wesen mit Tendenzen,
sich stets vom Fremden abzugrenzen.“

 

„Nicht noch einmal in Bethlehem,
bei all dem, was da jetzt geschehn!
Käm er zur Welt im Vatikan
tät ihm der Klerus Übles an.
In USA? Ganz ausgeschlossen,
da wird zu viel herumgeschossen!
Auch China kommt nicht in Betracht,
dort wird man zu sehr überwacht.
Und wähl Europa ich anstatt?
Oh nein, die sind zu Wohlstands-satt.“

 

„Find schließlich ich ein Platz auf Erden,
muss medial gestylt er werden.
So wie es damals war der Fall,
dass er geboren wird im Stall
mit Hirten, Eseln und dem Stern,
wär das heut viel zu unmodern.
Und im Dezember würd‘s indes
eh untergehn im Weihnachtsstress.
Das schwierigste Problem jedoch          
für meinen Sohn, das kommt erst noch:“

 

„Ich bin zwar aller Menschen Gott,
jedoch erführ‘ mein Sohn Boykott
und wär bei Christen schlecht gestellt 
käm er als Muslim auf die Welt,
als Hindu oder als Buddhist.
Und gar nicht auszudenken ist
käm er mit schwarzer Haut daher,
als Flüchtling übers Mittelmeer.
Wer von den Menschen glaubt denn schon,
gerade der sei Gottes Sohn,
nur weil’s in diesem Falle nicht
dem eignen Gottesbild entspricht?“

„Geschrieben steht, seid stets bereit,
denn weder wisst ihr Ort noch Zeit,
noch Umstände, Form und Gestalt,
noch Abläufe und Sachverhalt,
dann, wenn es mir erneut gefällt,
zu euch zu senden in die Welt
den eignen Sohn, wie‘s ehedem
geschehen ist in Bethlehem.“


 

Glück

 

Jagst Mensch du nach dem Glück zeitlebens
und siehst in Glückszeichen dein Wohl,
so suchst du hier, mein Freund, vergebens
nach irgendeinem Glückssymbol
wie Schornsteinfeger, Schwein, Hufeisen
und Kleeblätter, vier an der Zahl,
was sollen die denn schon beweisen,
die sind dem wahren Glück egal.

 

 

 

 

Von solch banalen Bagatellen
des Aberglaubens lass dir nicht
die Sicht für wahres Glück verstellen,
dies steht in einem andern Licht:
Machst Freundlichkeit du dir zu eigen
kommt's hundertfach auf dich zurück
und die Erfahrung wird dir zeigen
Glück zu vermitteln, das ist Glück!


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Mit der Zeit gehn

 

Mit der Zeit gehn -
mit der Zeit gehn?
Wie soll man das verstehn?

 

Wo bitte geht die Zeit denn hin?
Und hat das Mitgehn einen Sinn?
Gesetzt den Fall, man sagt zu ihr:
Geh du allein, ich bleibe hier,
ich bin verplant, es tut mir leid,
ich hab zum Mitgehn keine Zeit.
Hat das schon jemand mal probiert
und wohin hat es dann geführt?

 

 

Mit der Zeit gehn -
mit der Zeit gehn?
Wie soll man das verstehn?

 

Es sieht auch manchmal danach aus,
als sei jemand der Zeit voraus,
jedoch auf Dauer trügt der Schein,
die Zeit holt ihn stets wieder ein.
Mal scheint sie langsam, mal geschwind,
dass durch die Hand wie Sand sie rinnt,
obwohl die Zeit im Rhythmus nur
sich taktet durch die Kirchturmuhr.

 

Mit der Zeit gehn -
mit der Zeit gehn?
Wie soll man das verstehn?

 

Es kommt dann irgendwann die Zeit
des Übergangs zur Ewigkeit
wenn unsre Lebensuhr steht still,
weil es der große Geist so will.
Die Zeit zieht weiter, Schritt für Schritt,
dann gehen andre mit ihr mit
und werden, wie wir, nicht verstehn
warum sie ständig mit ihr gehn.


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